Pallade Veneta - Bundestag beschließt milliardenschwere Reform der Pflegeversicherung

Bundestag beschließt milliardenschwere Reform der Pflegeversicherung


Bundestag beschließt milliardenschwere Reform der Pflegeversicherung
Bundestag beschließt milliardenschwere Reform der Pflegeversicherung / Foto: Tobias SCHWARZ - AFP/Archiv

Der Bundestag hat die Pläne für eine milliardenschwere Reform der Pflegeversicherung gebilligt. Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz wurde am Freitag mit den Stimmen der Ampel-Parteien im Parlament verabschiedet. Die Reform sieht eine Erhöhung der Pflegebeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ab Juli vor und ab dem kommenden Jahr auch höhere Leistungen für Millionen pflegende Angehörige. Sozialverbände halten die Änderungen aber für unzureichend.

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Für Angehörige, die den größten Teil der Pflege leisteten, seien "nochmal deutliche Verbesserungen" erreicht worden, warb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor der Abstimmung für die Reform. Zuschüsse würden nochmals erhöht. Lauterbach räumte aber ein, dass "dieses Gesetz kein perfektes Gesetz" sei. Weitere Schritte seien nötig.

In Deutschland gibt es gut fünf Millionen Pflegebedürftige. 80 Prozent von ihnen werden nicht in Heimen gepflegt, sondern zuhause und häufig von Angehörigen. Sie sollen nun zum 1. Januar 2024 fünf Prozent mehr Pflegegeld bekommen. Kurz vor der Abstimmung wurde auch wieder ein sogenanntes Entlastungsbudget in den Gesetzentwurf geschrieben, um pflegenden Angehörigen Vertretungen zu ermöglichen. Dafür wurde allerdings gleichzeitig die ab 2025 geplante weitere Anhebung der Geld- und Sachleistungen in der Pflege von fünf auf 4,5 Prozent abgesenkt.

Zur Finanzierung der Gesamtreform soll der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung am 1. Juli von 3,05 Prozent des Bruttolohns auf 3,4 Prozent steigen. Er wird je zur Hälfte durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber gezahlt. Die Aufschläge für Kinderlose werden gleichzeitig von 0,35 auf 0,6 Prozentpunkte erhöht. Dies soll insgesamt Mehreinnahmen von 6,6 Milliarden Euro pro Jahr bringen.

Die CDU-Gesundheitspolitikerin Diana Stöcker warf Lauterbach "ein dürftiges Auf-Sicht-Fahren" vor. Die Dynamisierung der Pflegeleistungen für die Betroffenen falle "mager" aus, sagte sie. Der Linken-Abgeordnete Ates Gürpinar kritisierte, die nun geplanten Leistungserhöhungen glichen noch nicht einmal die Inflation aus. Der AfD-Abgeordnete Thomas Dietz nannte es nicht nachvollziehbar, dass zur Finanzierung der Reform auch pflegende Angehörige zur Kasse gebeten würden.

Pflegende Angehörige erhielten "eine spürbare Entlastung", sagte hingegen die FDP-Abgeordnete Nicole Westig. Die Grünen-Abgeordnete Maria Klein-Schmeink sah einen wichtigen Schritt, auch wenn es "noch nicht die große Pflegereform" sei.

Der Gesetzentwurf wurde mit 377 Ja-Stimmen der Regierungsparteien SPD, Grünen und FDP gebilligt; 275 Abgeordnete von CDU/CSU, AfD und Linke stimmten dagegen.

Die Diakonie Deutschland sprach nach der Abstimmung von einer "Enttäuschung für alle Pflegebedürftigen, Pflegenden und Angehörigen". Die Reform lasse "vor allem pflegende Angehörige im Regen stehen", erklärte die Vorständin Sozialpolitik, Maria Loheide. "Die Kostensteigerungen der letzten Jahre werden bei weitem nicht von der Pflegeversicherung ausgeglichen."

"Die Erhöhungen für die Angehörigen und Pflegebedürftigen liegen zwischen 14 und 40 Euro im Monat", sagte die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, dem Rundfunksender SWR. Dies helfe kaum weiter.

Die Stiftung Patientenschutz kritisierte, mit der Reform gebe es weder eine Dynamisierung der Pflegeleistungen noch würden die entnommenen Milliarden aus der Pandemiezeit in die Pflegeversicherung zurückgezahlt. Für Stiftungsvorstand Eugen Brysch bleibt die Altenpflege deshalb "das Stiefkind der Bundesregierung".

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sah es positiv, dass kurz vor der Abstimmung noch das Entlastungsbudget vereinbart wurde, um pflegenden Angehörigen Auszeiten zu ermöglichen. Dies sei "eine kleine Verbesserung", erklärte der stellvertretende Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer. "Der Preis ist allerdings hoch, denn im Gegenzug hat die Regierung die Anhebung der Leistungsbeträge in der ambulanten Pflege gekürzt." Dies zeige einmal mehr, "wie sehr die Finanzen der Pflege auf Kante genäht sind".

P.Colombo--PV

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