Pallade Veneta - Forderung nach Überprüfung der Menschenrechtskonvention stößt in Berlin auf Kritik

Forderung nach Überprüfung der Menschenrechtskonvention stößt in Berlin auf Kritik


Forderung nach Überprüfung der Menschenrechtskonvention stößt in Berlin auf Kritik
Forderung nach Überprüfung der Menschenrechtskonvention stößt in Berlin auf Kritik / Foto: Filippo MONTEFORTE - AFP/Archiv

Die Forderung von neun EU-Ländern, Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Migration zu überprüfen, stößt in Deutschland auf teils deutliche Kritik. Der Vorstoß "untergräbt das Vertrauen in den Europäischen Gerichtshof und erweckt den Eindruck, Menschenrechte seien verhandelbar oder gar störend", sagte Grünen-Parteichef Felix Banaszak am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Auch die Bundesregierung ging auf Distanz zu dem am Donnerstag in Rom veröffentlichten Schreiben.

Textgröße ändern:

Der an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gerichtete Brief wurde vom Büro der italienischen Ministerpräsidentin Georgia Meloni verbreitet. Neben Italien wird dieser auch von Dänemark, Polen, Österreich, Belgien, Estland, Lettland, Litauen und Tschechien unterstützt.

Darin wird eine "neue und offene Diskussion" über die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention verlangt. Italien und weitere beteiligte Länder waren zuvor vor dem Gerichtshof wegen ihres Umgangs mit Migrantinnen und Migranten verklagt worden. Gegen Italien und Dänemark ergingen diesbezügliche Urteile oder Aufforderungen, Handlungsweisen zu ändern.

Die beteiligten Regierungen "wollen nicht nur unabhängige Gerichte angreifen, sondern auch den Menschenrechtsschutz zugunsten nationaler Sicherheitsinteressen schwächen", sagte dazu Banaszak. "Das ist gerade in Zeiten erstarkender rechtsextremer Kräfte brandgefährlich und Wasser auf die Mühlen derjenigen, die schon lange auf die Aushöhlung des europäischen Rechtsrahmens setzen", warnte der Grünen-Vorsitzende.

Banaszak wertete den Vorstoß von vor allem rechtsgerichteten, aber auch einigen sozialdemokratisch geführten Regierungen als "ein Geschenk an den rechten Rand" und eine Schwächung der rechtsstaatlichen Demokratie. "Wir erwarten insbesondere von unseren sozialdemokratischen Partnern in Europa, dass sie sich ihrer Verantwortung für den Rechtsstaat bewusst sind", betonte er weiter.

Die Linken-Politikerinnen Katrin Fey und Clara Bünger werteten den Vorstoß der neun EU-Staaten als "erschütternd". "Die Europäische Menschenrechtskonvention schützt die Würde und Rechte jedes Menschen - unabhängig von Herkunft oder Status. Menschenrechte sind deswegen schlicht nicht verhandelbar", betonte Fey in Berlin.

Bünger nannte es "beunruhigend, wie gerade im Bereich der Migrationspolitik Grundrechte in Frage gestellt werden". Zudem handele es sich bei dem Brief an den Gerichtshof um einen Angriff auf die Gewaltenteilung.

Der deutsche Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille verwies auf Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Rande seines Besuchs in Rom, er habe "keine Veranlassung, Gerichtshöfen Briefe zu schreiben". Richtig sei allerdings, dass auch die Bundesregierung eine "strengere Migrationspolitik verfolgen" wolle. Daher beteiligte sich Deutschland "aktiv an den europäischen Diskussionen, wie wir legale Migration begrenzen können". Dazu gehöre auch die aktuelle Initiative der neun Staaten.

Auf die Unabhängigkeit des Gerichtshofs verwies eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums. "Wir räumen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutz der Menschenrechte in Europa einen hohen Stellenwert ein", sagte sie in Berlin. "Und ich kann natürlich auch betonen, wir fühlen uns vollumfänglich an die Rechtsprechung des EGMR gebunden", fügte sie hinzu.

O.Mucciarone--PV

Empfohlen

CDU will Rentenkommission freie Hand geben - Weise für Ko-Vorsitz nominiert

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will der Rentenkommission völlig freie Hand bei der Ausarbeitung einer langfristigen Rentenreform lassen. Es halte es für "extrem wichtig, dass diese Kommission ohne Denkverbote rangeht, sondern völlig frei ist in dem, was sie macht", sagte Linnemann am Montag in Berlin. In diesem Zusammenhang stellte der CDU-Generalsekretär klar, dass er der Kommission mit seinen eigenen Überlegungen zu einer längeren Lebensarbeitszeit keine Vorgaben machen wollte.

Selenskyj besucht Bundestag - Empfang bei Klöckner

Im Rahmen seiner Berlin-Visite hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag den Bundestag besucht. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) empfing den Gast aus Kiew am Nachmittag zu einem Gespräch im Reichstagsgebäude, bei dem es nach Angaben ihres Büros unter anderem um das Thema von Neuwahlen in der Ukraine gehen solle - der Präsident hatte sich unter bestimmten Bedingungen dafür offen gezeigt. Eine Rede Selenskyjs vor den Abgeordneten im Plenum war nicht geplant.

Wahlkommission in Thailand kündigt Neuwahlen für Februar an

Inmitten des wiederaufgeflammten Grenzkonflikts mit dem Nachbarland Kambodscha hat Thailand für Februar Neuwahlen angekündigt. Am 8. Februar 2026 sollen die Mitglieder des Parlaments neu gewählt werden, erklärte die thailändische Wahlkommission am Montag. Die Parteien seien nun aufgerufen, bis Ende des Jahres ihre Kandidaten für das Amt des Regierungschefs zu benennen.

Wadephul reist nach Rom: Gespräche zu Nutzung russischen Vermögens und Mercosur

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) reist am Montagnachmittag nach Italien. Bei den Gesprächen in Rom werde es insbesondere um die Nutzung des in Europa eingefrorenen Vermögens der Russischen Zentralbank zur Unterstützung der Ukraine gehen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Freitag in Berlin. Dies sei "mit Sicherheit eines der Themen, das am dringlichsten ist".

Textgröße ändern: