Hunderte Tunesier fordern Freilassung von politischen Gefangenen
Hunderte Tunesier haben am Sonntag in der Hauptstadt Tunis die Freilassung von rund 20 Gegnern von Präsident Kais Saied gefordert. Die Demonstranten schwenkten tunesische Fahnen und hielten Fotos der Inhaftierten hoch. Redner forderten eine Rückkehr auf den "demokratischen Pfad". Zu dem Protest hatte die Nationale Heilsfront aufgerufen, die größte Oppositionsgruppierung des nordafrikanischen Landes.
Seit Anfang Februar haben die Behörden mehr als 20 politische Gegner Saieds festgenommen, darunter Politiker, Ex-Minister, Geschäftsleute und Gewerkschafter.
Saied hatte Ende Juli 2021 mithilfe eines Notstandsartikels der Verfassung den bisherigen Regierungschef Hichem Mechichi abgesetzt, die Arbeit des Parlaments ausgesetzt und die Immunität der Abgeordneten aufgehoben. Die bis dahin regierende Ennahdha wirft ihm einen "Putsch" vor.
Der Präsident trieb zudem eine Verfassungsänderung voran, die ihm deutlich mehr Macht verlieh. Das neue Parlament kann infolge der Verfassungsreform den Präsidenten nicht mehr absetzen, ein Misstrauensvotum gegen die Regierung ist praktisch unmöglich geworden.
Kritiker befürchten, die Verfassungsreform könnte das Land zurück zu einem autoritären Regierungssystem wie unter dem langjährigen Staatschef Zine el-Abidine Ben Ali führen. Dieser war im Januar 2011 zum Auftakt der Massenproteste des Arabischen Frühlings entmachtet worden.
M.Romero--PV