Pallade Veneta - Brüssel schlägt Zugeständnisse an KI-Firmen vor - Entsetzen bei Datenschützern

Brüssel schlägt Zugeständnisse an KI-Firmen vor - Entsetzen bei Datenschützern


Brüssel schlägt Zugeständnisse an KI-Firmen vor - Entsetzen bei Datenschützern
Brüssel schlägt Zugeständnisse an KI-Firmen vor - Entsetzen bei Datenschützern / Foto: Nicolas TUCAT - AFP

Entwickler Künstlicher Intelligenz (KI) sollen nach den Plänen der EU-Kommission leichter Zugang zu Daten bekommen - Datenschützer sind entsetzt. Sie sprachen am Mittwoch vom "größten Angriff auf die digitalen Rechte" seit Jahren. Wirtschaftsverbänden gehen die Pläne dagegen nicht weit genug.

Textgröße ändern:

Die EU-Kommission stellte ihre Pläne für Änderungen an der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor. Sie will näher eingrenzen, wie personenbezogene Daten definiert sind - und damit mehr Daten zur Verarbeitung freigeben. Außerdem schlägt sie vor, dass Unternehmen KI-Modelle mit persönlichen Daten zu trainieren, wenn ein "berechtigtes Interesse" daran vorliegt. Wann ein solches "berechtigtes Interesse" überwiegt und wann der Schutz persönlicher Daten, dürften bei einer solchen Regelung am Ende Gerichte entscheiden.

EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen sprach von "ausgewogenen" Vorschlägen. "Wir haben sehr sorgfältig analysiert, wie wir Innovationen fördern können, aber gleichzeitig wollen wir die Privatsphäre der Bürger respektieren und schützen", sagte sie bei der Vorstellung der Pläne in Brüssel.

"Wenn die Kommission erklärt, sie behalte 'die höchsten Standards' bei, ist das eindeutig falsch. Sie schlägt vor, diese Standards zu untergraben", widersprach der Datenschutz-Aktivist Max Schrems.

Er bescheinigte der Kommission einen "KI-Tunnelblick". Im Wettlauf mit den USA und China um eine erfolgreiche KI-Branche werfe Brüssel die Gesetze über Bord, "die uns genau davor bewahren sollten, dass all unsere Daten in einen großen, undurchsichtigen Algorithmus fließen", erklärte Schrems. Einzig große Digitalkonzerne und Anwaltskanzleien würden von den Änderungen profitieren.

"Wenn die EU diese Regeln lockert, liefert sie den Unternehmen Schlupflöcher auf dem Silbertablett", kritisierte auch die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Ramona Pop. Die vorgeschlagenen Änderungen bedrohten "unser Recht, selbst zu bestimmen, was wir im Internet preisgeben wollen und was nicht", fügte sie hinzu.

Einer der Vorschläge könnte Internetnutzerinnen und -nutzern das Leben indes deutlich leichter machen. Brüssel will erreichen, dass die wegen eines EU-Gesetzes eingeführten Cookie-Banner aus dem Netz verschwinden. In Zukunft solle nicht mehr jede einzelne Webseite um Erlaubnis für die Verarbeitung persönlicher Daten fragen müssen. Stattdessen soll eine allgemeine Einstellung im Browser ausreichen.

Wirtschaftsverbände begrüßten die Vorschläge aus Brüssel als "ersten Schritt" für Erleichterungen. "Für die Wettbewerbsfähigkeit des Digitalstandorts Europa reicht das jedoch nicht aus", erklärte etwa der Chef des Verbands der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), Thilo Brodtmann.

"Die EU braucht viel mehr Mut, Bürokratie und Überregulierung drastisch zu reduzieren und vor allem widersprüchliche Regeln konsequent zu streichen", forderte auch der Chef des Digitalverbands Bitkom, Ralf Wintergerst. Er forderte, die Datenschutz- und KI-Regeln "grundlegend" zu überarbeiten und je nach Branche unterschiedliche Vorgaben zu machen, etwa für die Industrie, das Gesundheitswesen und den Finanzsektor.

In Sachen KI-Regeln ging die EU-Kommission mit ihren Vorschlägen teils schon auf Forderungen aus der Wirtschaft ein: Die Vorgaben für KI-Modelle mit einem "hohen Risiko" - etwa bei der Polizei und im Gesundheitssystem - sollen nicht wie geplant im kommenden August greifen, sondern bis zu 16 Monate später. Die Entscheidung über das genaue Datum will sich die Kommission noch vorbehalten.

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten sich beim Digitalgipfel am Dienstag in Berlin für eine Verschiebung ausgesprochen. Beide Länder wollen sich in den anstehenden Verhandlungen unter den 27 EU-Staaten abstimmen. Auch das Europaparlament muss nun über die Vorschläge der Kommission beraten, hier formiert sich bereits Widerstand gegen ein Zurückrudern beim Datenschutz.

B.Fortunato--PV

Empfohlen

Mangelnde Transparenz: EU verhängt Millionenstrafe gegen X

Ungeachtet von Warnungen aus dem Weißen Haus hat die EU-Kommission gegen die Onlineplattform X eine Geldbuße von 120 Millionen Euro verhängt. Die Brüsseler Behörde begründete dies am Freitag mit mangelnder Transparenz bei Werbung und Nutzerkonten auf der Plattform von Tech-Milliardär Elon Musk. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump warf der EU "Zensur" vor.

USA: Nicht mehr alle Neugeborene sollen gegen Hepatitis B geimpft werden

Unter US-Präsident Donald Trump eingesetzte Experten haben für eine Kehrtwende bei Impfungen von Säuglingen plädiert. Die Impfkommission empfahl am Freitag, Neugeborene in den USA nicht mehr grundsätzlich gegen Hepatitis B zu immunisieren. Dabei handelt es sich um eine Leberentzündung, die im schlimmsten Fall bei Kindern zum Tod führen kann. Kinderarzt-Vertreter kritisierten die neue Vorgabe als "unverantwortlich".

Gericht untersagt Eurowings irreführende Werbung mit CO2-Ausgleich

Die Fluggesellschaft Eurowings hat bei der Flugbuchung einem Gerichtsurteil zufolge Verbraucherinnen und Verbraucher mit Angaben über den CO2-Ausgleich von Flugreisen in die Irre geführt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf untersagte der Airline, bei Online-Ticketkäufen auf bestimmte Art und Weise mit der Kompensation von CO2-Emissionen zu werben, wie das Gericht am Freitag erklärte. Damit gab es der Berufung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) statt. (Az. I-20 U 38/25)

Medienberichte: Empfehlung für Erhöhung von Rundfunkbeitrag überraschend reduziert

Beim seit Jahren umstrittenen Thema Rundfunkbeitrag gibt es Medienberichten zufolge eine überraschende Entwicklung. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) reduzierte ihre Beitragsempfehlung, wie die Branchendienst Medieninsider und DWDL am Freitag berichteten. Demnach empfiehlt die KEF eine Erhöhung um 28 Cent auf 18,64 Euro zum 1. Januar 2027 - statt der ursprünglich empfohlenen 18,94 Euro.

Textgröße ändern: